Interview mit Pavel Werner von MIBO

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Heute sprechen wir mit Pavel Werner, dem CEO bei Mibo. Es geht um Handarbeit, Innovationen, Marketing Bla-Bla und die Unterschiede des tschechischen und deutschen Marktes aus Sicht eines Herstellers. 

Hallo Pavel, danke für deine Zeit. Bitte erzähle uns zuerst von Dir und welche Aufgaben du bei MIBO wahrnimmst.

Hallo Daniel, mein Name ist Pavel Werner, ich bin CEO bei MIBO und 37 Jahre alt. Im Unternehmen bin ich nun seit fünf Jahren tätig. Nicht viel, um sich an die guten alten Zeiten des Scootings zu erinnern. Aber glücklicherweise habe ich viele Leute um mich herum, die seit zwei Jahrzehnten Erfahrung in der Herstellung und im Umgang mit Tretrollern gesammelt haben und dieses Wissen mit mir teilen.

Letztes Jahr habe ich angefangen, für den lokalen Kickscooter Club Bo Kolobka tým Ostrava zu fahren. Das Training macht mir viel Spaß und bedeutet aber gleichermaßen aber auch große Schmerzen, die ich gerne auf mich nehme.

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Pavel Werner ist auch privat ein sportlicher und lebenslustiger Mensch.

Meine Aufgaben in der Firma sind vielfältig. Ich halte das Team zusammen, koordiniere die Abläufe und achte darauf, dass alle an unseren gemeinsamen Zielen arbeiten. Wir sind ein eingespieltes Team aber man findet mich trotzdem überall: Manchmal begleite und helfe ich beim Rolleraufbau in der Werkstatt um am darauf folgenden Tag im Anzug bei der Bank die Finanzen zu regeln.

Meine Frau arbeitet im Übrigen auch in der Firma, wir leben und lieben, was wir tun. Und ich muss sagen, ich fühle mich gesegnet. Ich liebe meinen Job, meine Kollegen, mein Leben und natürlich meinen Sport.

Mibo Testberichte und Modelle

Kannst du uns etwas über den Start von MIBO und das Unternehmen selbst erzählen? Was war die Idee dahinter?

Wir sind ein kleines Familienunternehmen mit 15 Mitarbeitern und Sitz in Tschechien. Jährlich produzieren wir ca. 2500 Roller. Unser Gründer ist Breta Michalek, der MIBO im Jahr 1998 zum Leben erweckt hat. Er ist bis heute im Unternehmen tätig und mit großer Leidenschaft dabei.

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MIBO Gründer Breta Michalek (Mitte) mit zwei Mitarbeitern.

Er hat 1969 zusammen mit seinem Vater den ersten Scooter gebaut. Und ob du es glaubst oder nicht, den Roller gibt es immer noch.

Nach dem politischen Systemwechsel der Tschechoslowakei (der samtenen Revolution) gründete Breta ein Transportunternehmen. Dazu kaufte er gebrauchte Kleidung aus Deutschland an und verkaufte sie hier. Kurz darauf kamen gebrauchte Autos hinzu.

Nach einigen Jahren war er müde von seinen Jobs und gründete eine Firma für die Herstellung von Motorrollern. Er sah großes Potenzial, die Fahrzeuge als Transportlösungen zu nutzen. So entstand 1998 das Unternehmen MIBO.

Die ursprüngliche Idee war: „Ich werde andere haben, die für mich arbeiten, also muss ich nicht arbeiten.“ Wie falsch er damit lag, zeigte das nächste Jahrzehnt. Denn diese Zeit war hart, richtig richtig hart. Breta wollte mit dem Kopf durch die Wand und versuchte alle Welt davon zu überzeugen, wie praktisch und gut seine Moped-Roller sind. Der Rest ist Geschichte.

Was sind die besonderen Werte der Marke und was macht MIBO anders als die anderen Hersteller?

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Klasse statt Masse. Bei MIBO werden die Roller in Hand- und Präzisionsarbeit hergestellt.

Werte, sagst du? Lass mich nachdenken. Vor allem sind wir keine gewöhnliche Firma, gemessen am Weltstandard oder den Philosophien der meisten Unternehmer. Wir glauben nämlich nicht an die nie enden wollenden Investitionen und unendliches Wachstum.

Vielmehr haben wir unsere Produktion auf 2.500 Einheiten pro Jahr eingestellt bzw. begrenzt und fahren mit dieser Strategie sehr gut. Wir verpflichten uns, jeden einzelnen Roller mit einem maximalen Fokus auf Qualität herzustellen.

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Bevor ein Roller die Produktion verlässt geht er durch viele Hände und strenge Kontrollen.

Wir glauben, dass jedes Unternehmen – egal wie klein oder groß es ist, große Fortschritte und Innovationen erreichen kann. Wir glauben an einfache, funktionierende Lösungen. Wir sagen dem Kunden nicht, was er tun soll oder was er nicht mit unseren Kickscootern machen kann.  Auch erzählen wir ihm nicht wie er den Wind während der Fahrt spürt. Das ist nicht unsere Baustelle.

Und ich persönlich? Ich versuche mit gutem Beispiel zu leben. Ich glaube an Erfahrung. Ich kann anderen nicht sagen, welchen Kick Scooter man für Rennen benutzen soll, wenn ich selbst kein Rennfahrer bin.

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Lebt und liebt seine Produkte. Pavel während eines Rennens auf seinem MIBO unterwegs.

Wir können anderen nicht sagen, was gut für Mushing ist und was Kunden kaufen sollten, wenn wir selber keine Hunde vor den Roller spannen. Und aus diesem Grunde gibt es bei uns auch keine Dogscooter, selbst wenn wir wissen, dass sie gut funktionieren würden.

Meine Werte basieren unter anderem auf der Bewunderung für das, was mein Vater erreicht hat. Er war hochrangiger Manager und Marketingleiter. Zudem lasse ich mich oft von den großen Jungs unserer Zeit inspirieren, um mal drei Beispiele zu nennen: Elon Musk, Phil Knight – dem Gründer von NIKE oder Tomas Bata – einem Schuhhersteller.

Ich glaube, dass der Kunde ausreichend informiert ist, um seine eigene gute Entscheidung für oder gegen ein Modell zu treffen. Ein Produkt sollte auf Anhieb für sich selbst sprechen. Deswegen mag ich es nicht, diesen Marketing-Mist zu machen, der versucht, Menschen zu beeinflussen. Mein Motto nach dem ich agiere und handle: Ich arbeite an mir, um ein besserer Mensch zu werden.

Erzähl doch bitte etwas über Roller-Trends und eure Ausrichtung? Werdet ihr neue Modelle herausbringen oder zielt ihr darauf ab, die bestehenden Produkte verbessern?

Wir haben letztes Jahr drei neue Modelle vorgestellt: Revoo, Split und GS. Alle von ihnen sind einzigartig auf ihre Weise. Zuvor hatten wir fünf Modelle. Jetzt sind es also schon acht.

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MIBO setzt auf sportliche Produkte, die nicht nur bei Rennen sondern auch im Alltag einsetzbar sind.

Das deckt für uns einen guten Einsatzbereich ab. Wir glauben an Produktevolution als unseren Weg, nicht die Revolution. Das offene Rahmenschema, bzw. das fehlende Dreieck wie bei Fahrrädern ist unsere größte technische Herausforderung. Da sind buchstäblich hunderte Dinge, die bei einem neuen Rahmen schief gehen können. Deshalb machen wir hauptsächlich kleine Änderungen an unseren bewährten Konzepten, als Dinge von Grund auf neu am Reißbrett zu gestalten.

MIBO produziert Roller für viele Einsatzgebiete. Welche sind das und in welchen Bereichen steigt die Nachfrage?

Nun, jedes Produkt wird irgendwann seine Kunden finden. Aber ich kann auch eine Verschiebung der Kundenpräferenzen feststellen. Vor 20 Jahren haben wir den Kickscooter als große Transportlösung deklariert und auf diese Weise vorangetrieben.

Vor fünf Jahren gab es eine massive Verschiebung innerhalb der Freizeitgestaltung. Tourismus war das Zauberwort. Plötzlich änderten sich die Anforderungen dramatisch von kompakten Rollern hin zu bequemeren, größeren Scootern.

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Lucie Wernerova ist Pavels Frau und ebenfalls begeisterte Rollerfahrerin. Auch sie arbeitet für MIBO.

Und heute ist es das Thema Sport. Nicht der Rennsport, sondern Sport im Allgemeinen. Tretroller sind großartige Werkzeuge für die gesamte Körperfitness. Darauf werden wir uns für die Zukunft in unserer Ausrichtung konzentrieren.

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Stark im Sport- und Freizeitbereich. Die unterschiedlichen Roller

Was denkst Du ist der Grund, warum Leute vom Fahrrad auf den Roller umsteigen?

Ich denke die Frage selbst beinhaltet einen großen Fehler. Wir haben hier keinen „Toyota gegen Volkswagen“-Wettbewerb. Stattdessen solltest Du fragen: „Was können wir tun, damit Biker erkennen, dass Tretroller kein Wettbewerb für ihre geliebten Fahrräder sind? Es erhöht einfach die Möglichkeit, (gemeinsam) Spaß zu haben.

In Deutschland gibt es eine überschaubare Szene. Aus Tschechien lesen wir hingegen, dass der Tretroller genauso populär ist wie das Rad. Welche Probleme kannst Du nennen und gibt es Lösungsansätze?

Das ist nicht ganz richtig. In Tschechien werden ca. 200.000 Fahrräder pro Jahr verkauft. Ich denke, dass das Verhältnis zum Kickscooter bei etwa 1/10 in Bezug auf Räder liegt. Deine Kernfrage ist jedoch grundlegend, daher werde ich sie umfangreich und ehrlich aus meiner Sicht beantworten.

Ich denke, es sind zwei völlig verschiedene Marktsituationen in Tschechien und Deutschland. Der tschechische Markt ist voll von Jungs, die Kick-Scooter als Teilzeitjob verkaufen. Sie haben sich über die Jahre hinweg entwickelt und können nun jedes Jahr tausende Modelle verkaufen. Da unser Lebensstandard in Tschechien viel niedriger ist als in Deutschland, leben sie mit einer Marge von 25% und kommen damit gut aus. Schauen wir uns das Geschäftsmodell näher an:

Sagen wir, die durchschnittliche Marge je Roller beträgt 80 EUR. Für den deutschen Verkäufer ist der erste Teil gleich.

Der Fan fängt an, Roller zuerst im Nebenerwerb zu verkaufen, sozusagen als Teilzeitjob um ein bisschen Geld nebenher zu verdienen. Dann beschließt er, davon zu leben. Und hier ist der Punkt, an dem alles auseinander zu fallen beginnt bzw. die Rechnung nicht mehr gleichermaßen aufgeht.

In der Fahrradindustrie beträgt die normale Marge 40%. Und es ist eine Branche, die seit 100 Jahren wächst. Jeder kennt Fahrräder, sie sind voll akzeptiert. Nicht die Roller. Wer sich entschließt, den Rollerverkauf zum Hauptlebensunterhalt zu machen, der verkauft im ersten Jahr vielleicht 300 Roller und macht somit ca. 24.000 € Gewinn.

Das ist nicht selten zu wenig um den eigenen Lebensstandard zu halten. Und der Zeitverbrauch ist enorm. Du musst jeden davon überzeugen, dass Tretroller großartig ist. Du besucht deine 50 Ausstellungen und Messen, verbringst viele Wochen mit Kunden, stellst ein Mietprogramm oder einen Verleih auf die Beine. Eine sehr harte Zeit, wo wenig für dich selbst oder die Familie bleibt. Den Weg sind nicht viele bereit zu gehen.

Ich hoffe, ich habe den Punkt aus meiner Sicht verständlich dargelegt. Ich glaube trotzdem, dass die deutsche Marktdurchdringung exponentiell steigt, wenn Händler bessere Margen hätten. Diese sind Kunden allerdings noch nicht bereit, zu bezahlen. Schon jetzt sind die Preise ein Problem und man muss dem Kunden genau erläutern, warum er wenigstens 500 Euro für einen anständigen Roller bezahlen soll.

Aber ich bin optimistisch und sehe jedes Jahr mehr und mehr Enthusiasten bzw. eine stetig wachsende Fangemeinde. Mit einem Lächeln auf den Lippen, jedes mal wenn sie ihre Runden drehen. Ich sehe großartige Geschäftsmänner, wie Vincent Gooiker von Stepshop.nl, der Verkaufszahlen schafft, die wir uns vor fünf Jahren beim besten Willen nicht hätten vorstellen konnten. Ich sehe also nach wie vor ein großes Potenzial.

Gibt es Veranstaltungen in Europa, wo interessierte Menschen Dich und MIBO treffen können?

Ja, wir sponsern die Weltmeisterschaft 2018 in den Niederlanden, ich werde die ganze Woche dort sein. Als Freund zum Reden und als Konkurrent. Außerdem wirst du dort viele Rennfahrer aus der „MIBO Familie“ antreffen, die mit unseren Rollern unterwegs sind. Ganz tolle Fahrer, nette Menschen und somit eine große Ehre für uns.

Über MIBO

MIBO Logo

MIBO ist ein tschechischer Hersteller für Tretroller und seit 1998 am Markt. 15 Mitarbeiter produzieren jährlich ca. 2.500 Roller mit hohen Qualitätsstandards . MIBO ist Sponsor der Tretroller WM 2018. Die Firmenwebseite ist unter https://www.mibo.cz/en/ erreichbar.

Copyright: Alle Bilder wurden von MIBO zur Verfügung gestellt. 

1 Kommentar

  1. Fahre seit Februar einen Mibo GT 28/20 – und bin begeistert. Ich kann damit komfortabel und elegant durch die Stadt oder Parks mit fein asphaltierten Wegen flanieren, mit großer Lenkertasche auf Tagestour gehen oder: mich nach einem Büroarbeitstag auf glatten Pisten mit Tempo austoben.
    Der GT ist ein ganz feines Gerät! Er zaubert mir schon beim Anrollen mit dem ersten Tritt ein Lächeln ins Gesicht.
    Ich hoffe auf Mitfahrer – bis jetzt habe ich hier in Augsburg erst einen einzigen (parkenden) Roller gesehen.

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